Die Teltow-Werft in Zehlendorf am Teltowkanal ist ein unzugängliches historisches Gelände, das auf seinen Neuanfang wartet. Grund genug in die Vergangenheit des Areals zu schauen. Mit einer Menge alter Bilder der Werft!

Ein Spaziergang entlang des Teltowkanals in Zehlendorf führt an einem alten Gebäudekomplex vorbei. Unzugänglich, weil umzäunt fallen den staunenden Blicken alte Gebäude ins Auge. Ein einzigartiges Areal entlang der Grenze nach Brandenburg. Nur Eingeweihte wissen, hier handelt es sich um die Teltow-Werft. Das rund 34.600 m² große Areal aus der Gründerzeit hat viel gesehen und viel erlebt.

Anfänge der Teltow-Werft in Berlin-Zehlendorf | Bauhof & E-Werk

Am Anfang stand auch für dieses historische Areal der Bau des Teltowkanals zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Damals war das Gelände noch Teil des Kreises Teltow, wozu auch Zehlendorf und Schönow zählten, auf dessen Gemarkung es sich befindet. Hier, wo der Buschgraben ursprünglich in die Bäke floss, entstand 1906 während des Baus des Teltowkanals ein Bauhof. Die Schiffe wurden auf einigen Abschnitten durch den Kanal gezogen, wofür man eine Treidelbahn baute. Auch die Kleinmachnower Schleuse durfte man nicht selbst befahren, die Schiffe wurden gezogen. Die Energie für die Treidelbahn kam vom Elektrizitätswerk, das sich auf dem Gelände der späteren Teltow-Werft befand.

Treidelbahn der Teltow-Werft Zehlendorf
Treidelbahn der Teltow-Werft Zehlendorf – Ausstellungsstück Eduard Spranger Promenade Lichterfelde
Teltowwerft - Treidelbahn (2)
Teltowwerft – Treidelbahn (2) | Bild aus dem Archiv des Heimatvereins Zehlendorf via Dietmar W! Mietzner
Teltowwerft - Treidelbahn
Teltowwerft – Treidelbahn| Bild aus dem Archiv des Heimatvereins Zehlendorf via Dietmar W! Mietzner

Auf dem Bauhof wurde eine Werkstatt für den Betrieb der Treidelbahn eingerichtet. Die Keimzelle der Teltow-Werft war gesetzt. Das Gelände diente nicht zuletzt der Lagerung der Treidellokomotiven, wofür man 1914 sechs Schuppen vorhielt. Die alten Schienen entlang der Sachtlebenstraße zeugen von einem Bahnhof, der 1906 eingerichtet wurde. Auf dem Gelände finden sich ebenfalls noch Gleise. Gegenüberliegend vom Teltowkanal waren weitere Gewerbegebiete und Lagerplätze angesiedelt, weshalb man eine Brücke über den Kanal baute. Die Kanalbrücke wurde die spätere Teltow-Werft-Brücke, wovon heute noch der Ansatz auf Zehlendorfer Seite auszumachen ist.

Vom Bauhof zur Teltow-Werft am Teltowkanal

Da der Bauhof bereits über die Infrastruktur und die technischen Voraussetzungen verfügte, wurden hier immer mehr Reparaturen durchgeführt. Es gab Gruben für Lokomotiven, es gab eine Schmiede, es gab eine Dreherei und eine Schlosserei und auch Holz wurde hier verarbeitet. Diese Arbeiten wurden in dem langen Hauptwerkstattgebäude durchgeführt. Auf der oberen Etage war ein Lager für Schiffsbedarfe. So ist es kaum verwunderlich, dass auch Schiffe nun immer öfter zur Reparatur vorbei schipperten.

Für die Arbeiten an den Schiffen wurden weitere Schuppen aufgebaut. Das Haus, das noch heute direkt am Kanal steht, wurde ein Bürogebäude. Oben wohnte der Verwalter des Areals. An seinem Häuschen vorbeigefahren, kam man zum Hafenbecken. Damals zog sich noch eine Brücke über diese Einfahrt. Das Becken, das noch heute existiert, misst 65 Meter in der Länge und 25 Meter in der Breite. Die Wagen für das Schleppen der Schiffe liegen ebenfalls noch an der Seite des Beckens, wenn auch nur noch in rudimentärem Zustand. Sie wurden vom Windenhaus aus gesteuert. Die Gebäude erhielten vom Ingenieurbüro Havestadt & Contag oftmals das immer wieder auftauchende Backsteindesign.

Kraftwerk Schönow | E-Werk der Teltow-Werft

Schon 1905 wurde das Kraftwerk Schönow errichtet, übrigens auch vom Ingenieurbüro Havestadt & Contag. Die renovierten Gebäude an der Seite zur Sachtlebenstraße hin stellten die Kraftwerksanlage. Es gab ein Kesselhaus, eine Maschinenhalle und weitere Häuser, aus deren Mitte ein 45-Meter hoher Schornstein emporstand, der nicht mehr existiert. Das Kraftwerk diente schon beim Bau des Teltowkanals der Energieversorgung und später der Treidelbahn. Der Gleichstrom mit 500 V wurde durch Steinkohleverbrennung erreicht. Die Kolbendampfmaschine lieferte 300 PS und die Dampfturbinen erreichten 1.000 PS. Dabei bediente man sich der Maschinen des Unternehmens Siemens-Schuckertwerke GmbH. Das Problem mit dem Gleichstrom ist die geringe Reichweite, weswegen es in Britz ein weiteres Kraftwerk gab. Das Kraftwerk auf dem späteren Werftgelände ging ab 1910 in eine Tochter der AEG und ab 1938 blieb es bis 2012 im Besitz der Teltower Kreiswerke GmbH.

Teltow-Werft und Kraftwerk Schönow. Quelle: Wikipedia
Teltow-Werft und Kraftwerk Schönow. Quelle: Wikipedia

Der produzierte Strom reichte aus, um ab 1908 die Altstadt von Teltow, ab 1910 Seehof und die Villenviertel von Kleinmachnow mitzuversorgen.  Ab 1912 gelang der Strom der späteren Werft bis nach Stahnsdorf.

Die eigentliche Teltow-Werft

Ab 1921 entwickelte sich der Bauhof immer mehr zur Werft: der Teltow-Werft. Davon spricht man ab dem Jahr 1924. Ab dem Zeitpunkt wurden hier nicht nur Schiffe repariert, sondern auch produziert. Hier liefen kleine Binnenschiffe und Ausflugsdampfer vom Stapel. Die Teltow-Werft AG war zu gleichen Teilen im Eigentum des Deutschen Reichs und des Landkreises Teltow. Das ist umso interessanter, als dass Schönow zu Zehlendorf und Zehlendorf mittlerweile zu Groß-Berlin gehörte.

Chemnitzer Maschinenbau Teltow-Werft Zehlendorf
Chemnitzer Maschinenbau Teltow-Werft Zehlendorf

Für den Schiffsbau wurden Maschinen der Chemnitzer Werkzeugmaschinenfabrik eingesetzt, welche beispielsweise Eisenplatten zuschnitten und Nieten stanzten. Von außen einsehbar ist noch eine dieser Maschinen zu begutachten, sie steht am Eingang zum ehemaligen Werftgelände. Zum Ende der 20er Jahre wurde die Werft erweitert. Es wurden eine weitere Lagerhalle, ein Kohlebunker und eine große Schiffbauhalle errichtet. Dabei wandte man eine neue Technik an: das Lichtbogenschweißen.

Lichtbogenschweißen | Eine Entwicklung der Teltow-Werft

Wo so viel Technik und Know-How zusammenkommt, da gab es auch technische Weiterentwicklungen. Das Lichtbogenschweißen lässt Metall verbinden, wobei man einen elektrischen Lichtbogen zwischen einer Elektrode und dem Metall erzeugt. Mit dieser Methode konnten die Schiffe noch effektiver gebaut werden. 1927 konnte man das erste komplett verschweißte Schiff für den Personenverkehr ins Wasser lassen, die ‘Zehlendorf’. Der Ausflugsdampfer wurde wegen seines Erfolgs mit einer Kapazität von 500 Personen auf 730 Personen erhöht. Diese Technik reduzierte die Kosten, erhöhte das Frachtgewicht und verringerte das Gewicht der Schiffe. Es entstanden weitere Schiffe auf diese Weise in der Werft wie der Schlepper ‘Machnow’. Auch Kräne wurden bald mit der Lichtbogenschweißtechnik hergestellt. So lag es nahe, eigene Gebäude mit der neuen Technik zu errichten.

Teltow-Werft nach dem Zweiten Weltkrieg

Schon während des Kriegs wurde die Teltow-Werft in Mitleidenschaft gezogen. Die Treidelbahn wurde durch Bombenangriffe demoliert, doch sie wurde noch bis 1949 betrieben. Ab 1945 war der Teltowkanal kaum noch zu befahren. Die sich zurückziehende Wehrmacht hat viele Brücken über den Teltowkanal gesprengt, so auch die Teltow-Werft-Brücke. Eine sowjetische Panzerbrigade überquerte den Teltowkanal dennoch, indem sie einen Panzer auf dem Grund des Kanals versenkten und mit den anderen darüber hinweg fuhren.

Wie der Historiker Dietmar W! Mietzner vom Heimatmuseum Zehlendorf erklärte, war das Werftgelände nach dem Kriegsende Schauplatz unsäglicher Gräultaten der Befreier vom Faschismus. Die Sowjets sammelten die Frauen auf dem Gelände, an welchen sie sich anschließend vergingen.

Teltow-Werft-Brücke Auffahrt Teltow-Werft Zehlendorf
Teltow-Werft-Brücke Auffahrt Teltow-Werft Zehlendorf
Teltow Werft Brücke nach 45
Teltow Werft Brücke nach 45 | Bild aus dem Archiv des Heimatvereins Zehlendorf via Dietmar W! Mietzner
Teltow-Werft-Brücke nach 1945
Teltow-Werft-Brücke nach 1945 | Bild aus dem Archiv des Heimatvereins Zehlendorf via Dietmar W! Mietzner

Die Teltow-Werft-Brücke wurde nach dem Krieg abgetragen, da sie nun über die Sektorengrenze führte. Die Treidelanlage wurde 1949 verschrottet. Der Verkehr auf dem Teltowkanal kam fast zum Erliegen, da die neugegründete DDR 1950 den Teltowkanal sperrte. Derweil machten windige Geschäftsleute ihr Geld mit dem Verkauf des Stahls an die Sowjets, was seinerzeit illegal war. Doch diese Stahlbarone blieben unbehelligt.

Die Teltow-Werf, die sich nach der Einteilung in Sektoren auf US-Gelände befand, konnte in den 1950er Jahren die Arbeit wieder aufnehmen. Es wurden Schiffe für die Stern und Kreisschiffahrt gefertigt. So das Schiff Kohlhase, welches bis 1966 um einige Meter verlängert wurde. Es diente der BVG als Fährschiff auf der Havel. Auch die Schiffe ‘Ernst Reuter’ und ‘Jupiter’ liefen in der Nachkriegszeit vom Stapel. Das Schiff Lichterfelde wurde in der Werft aus dem versenkten Schiff ‘Oberbürgermeister Zelle’ gefertigt. Es versah seinen Dienst bis 2014.

Doch musste die Werft die strengen und schikanösen Reglementierungen der DDR-Behörden erdulden. Die Ausfahrt des Werftgeländes reichte an die innerdeutsche Grenze heran. Für die Ausfuhr musste den bürokratischen Aufwand der DDR-Behörden abwickeln. Diese war als Schikane gedacht und so kam es eines Tages zu einem extremen Vorfall. Das Schiff ‘Stadt Aschaffenburg’ wurde fertig und sollte über den Teltowkanal ausgeliefert werden, also über DDR-Staatsgebiet. Dafür musste jedes Einzelteil des Schiffs aktenkundig gemacht werden. Was im Eifer der Bürokratie vergessen wurde, war die Dokumentation des Motors. Daher kassierte die DDR das Schiff und gab es erst nach einer hohen Strafzahlung wieder frei. Auf dem Gelände der ehemaligen Werft sieht man auch noch die alten Minen der innerdeutschen Grenze lagern.

Schiff Stadt Aschaffenburg
Schiff Stadt Aschaffenburg | Bild aus dem Archiv des Heimatvereins Zehlendorf via Dietmar W! Mietzner

Ende der Teltow-Werft

Auch diese Strafzahlung leistete einen Beitrag zum Ende der Teltow-Werft. Mit dem Bau der Mauer 1961 konnte der Betrieb nicht mehr lange aufrechterhalten werden. 1962 gab die Teltow-Werft auf. Das Gelände blieb aber weiterhin für kleine Reparaturen aktiv, und noch heute fahren Schiffe durch die Welt, die auf dem Gelände der Teltow-Werft in Schuss gebracht wurden. Teils nutzt man einzelne Hallen immer noch als Lager. Das Areal verkam aber immer mehr und heute sind bereits einige Gebäude stark verfallen.

Bilder der ehemaligen Teltow-Werft Zehlendorf

Bilder der Teltow-Wert aus dem Heimatmuseum Zehlendorf 1900-1962

Wohnungsbau auf dem Areal der Teltow-Werft

Seit 2009 gibt es einen Bebauungsplan des Bezirks und bald schon hatte sich eine Investierendengruppe gefunden. Der Zuschlag ging an ein Konzept, das eine Gated Community vorsah. Die ‘investa Real Estate‘ erwarb das Areal. Die Investierenden wollen hier Wohnraum für Wohlhabende errichten.

Allerdings gab es Vorgaben bezüglich des Denkmalschutzes. Der grundlegende Charakter der Anlage sollte nicht verändert werden.  Das ehemalige Ölhaus soll zu einer Teestube werden und der alte Lokschuppen soll eine offene Atmosphäre erhalten. Es sollen auch medizinische Dienstleistungen und Geschäfte in die Räumlichkeiten einziehen.

Teile des ehemaligen Kraftwerks werden zurzeit auch gewerblich genutzt. Diese Geländeteile kann man sich ansehen. Bekannt ist auch, dass der Werfthafen erhalten bleiben soll, wo dann auch Schiffe anlegen könnten.

Und wieso wird dort nicht gebaut?

Doch bisher kam es nicht zu weiterführenden Bauarbeiten. Heute verfallen die Gebäude jedoch immer mehr, sodass eine Wiederherstellung nach Denkmalschutzvorgaben unwahrscheinlicher wird. Inzwischen sind sogar einige Gebäude im westlichen Teil des Geländes verschwunden. Diese Schuppen wurden offenbar abgerissen.

Der Grund für die mangelnde Bautätigkeit ist mannigfaltig. So gab es offenbar Probleme mit der Route der Lkws, die durch die Kleingartenkolonie donnern sollten. Auch ein Hahn verhinderte bisherige Bautätigkeiten. Der Bezirk treibt die Sorge um, ein krähender Hahn könnte die Ruhe der Wohnenden dort stören. Und der Hahn war nun mal zuerst da. Er hat sein Domizil auf dem Areal des Kleintierzüchtervereins Berlin-Zehlendorf, das in direkter Nachbarschaft liegt. Und der Hahn ist lauter als polizeilich erlaubt und so verweist der Bezirk auf einen Sportplatz in Dahlem, der wegen Lärmbelästigung der neu Eingezogenen schließen musste.

Einige Anwohnenden aus Zehlendorf wünschen sich hier aber mehr kulturelle Angebote und vielleicht ein Stadtteil-Café als Anlaufstelle. Auch die Brücke wünschen sich viele Menschen für den Fuß- und Radverkehr. Hier blockiert aber vor allem der Bezirk Zehlendorf aus finanziellen Gründen.

Wo befindet sich die ehemalige Teltow-Werft?

  • Sachtlebenstraße 66
  • 14165 Berlin-Zehlendorf
  • GPS: 52.4070919344124, 13.251727597140093

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