Die Glienicker Brücke ist nicht nur ein Stück Berliner Architektur, sie ist auch ein historisches Denkmal. Vor allem deshalb, weil sie ein wichtiger Schauplatz der Konfrontationen des Kalten Krieges war. Die Glienicker Brücke ist in Filmen verewigt, sie ist ein beliebtes Ausflugsziel und übt bis heute eine magische Anziehungskraft auf die Menschen aus.
An der Engstelle der Havel, am westlichsten Punkt Berlins, befindet sich diese geschichtsumwobene Brücke, benannt nach dem Berliner Gut Klein Glienicke. Sie spannt sich 128 Meter über die Havel und verbindet Berlin mit Potsdam in Brandenburg. Dieser Umstand war in den Nachkriegsjahren von besonderer Bedeutung und warb ihr den Ruf ein, die Brücke der Spione zu sein. Im englischsprachigen Raum heißt sie daher auch: Bridge of Spies (Brücke der Spione).
An ihren Ufern beginnt bzw. endet der Teltowkanal. Außerdem weist sie eine Besonderheit auf. Sie liegt genau auf der Linie Ost-West und markiert an den Äquinoktienden Sonnenauf- bzw. -Untergang.
Geschichte der ersten beiden Glienicker Brücken
Die Brücke wurde für den König respektive den Adel erbaut. Sie verringerte die Reisezeit von Berlin nach Potsdam, was sich vor allem zu Zeiten der höfischen Jagd rentierte. Die Brücke war damit nicht nur für den Adel erbaut worden, sie war exklusiv für die kurfürstliche Entourage. Diese erste Konstruktion bestand aus Holz und wurde in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts errichtet.
Im Jahr 1754 wurde die Brücke der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, da sie nun auch für das Postwesen Bedeutung erfuhr. Doch dieser Belastung war die Konstruktion nicht gewachsen, sodass 1777 eine neue Brücke herkam.
Diese Brücke war stabiler und als Nadelöhr ein Ort der Kontrolle. Doch nicht alle verspürten den Wunsch der preußischen Obrigkeit alles offenzulegen. Derart rauschte der eine oder andere Kutscher einfach durch. Aus diesem Grund bestückte man die Brücke mit einem Schlagbaum – ein Omen für die spätere Bedeutung in der Weltgeschichte.
Als die Potsdamer Chaussee als Prestigeobjekt ausgebaut wurde, klaffte ein Loch in der königlichen Schatulle. Daher mussten die Reisenden einen Obolus bezahlen, welcher an der Glienicker Brücke erhoben wurde. Davon ausgenommen war der Adel.
Glienicker Brücke – von der Schinkelbrücke zur heutigen Brücke
Allmählich reifte die Vorstellung eines steinernen Übergangs. Mit den Planungen wurde der preußische Architekt Karl Friedrich Schinkel beauftragt, der einige Kirchen und Häuser in Preußen entworfen hatte. Allerdings gab es einige Bedingungen, die Schinkel erfüllen musste. Darunter fielen die Abstände der Säulen und die Fahrbahnbreite. Die Schinkelbrücke war aber von Ziegelsteinen geprägt. Es entstand die dritte Glienicker Brücke, welche mit etwa 177 Metern Länge und etwa neun Metern Breite aufwartete und durch Prinzessin Charlotte, spätere Kaiserin von Russland, 1834 eingeweiht wurde.
Die Brücke war auch Schauplatz eines legendären Schiffes, das exotische Tiere zur Pfaueninsel transportierte. Noch mehr Geschichte umwehte die Brücke, als 1897 eine Telegrafie-Funkstrecke erprobt wurde.
Doch schon zehn Jahre später, im Jahr 1907, wurde die bisher letzte Version der Brücke eröffnet. Damals unter dem Namen Kaiser-Wilhelm-Brücke. Mit dem Bau des Teltowkanals wurde die alte Brücke abgerissen und durch die heutige Version ersetzt. Die Pläne dafür erarbeitete Eduard Fürstenau, welche mit einer zweijährigen Bauzeit umgesetzt wurden. Angepasst an den modernen Schiffs- und Autoverkehr wurde sie als Fachwerkbrücke mit Stahlgerüst höher und stabiler konstruiert.
Etwas Zierde erhielt die Brücke an den beiden Enden durch die Kentauren-Skulpturen des Künstlers Stephan Walter. Dennoch wurde das Bauwerk kaum als Highlight der Architektur beschrieben. Selbst die Ziertürmchen trugen nicht zur Verbesserung des Rufs bei. Dafür war sie ein Befreiungsschlag für den Verkehr. Auch ein Zugverkehr war vorgesehen, der aber nicht umgesetzt wurde. Die Schienen wurden 1934 wieder entfernt. Das hat in Berlin Schule gemacht, wie die Oberbaumbrücke in Friedrichshain-Kreuzberg darlegt. Die Türmchen wurden bereits 1931 wieder abgerissen. Schon 1927 passierte eine Buslinie die Brücke und diese Linie avancierte zum Tourismusbus an die Havel. Denn die Brücke war auch Anlegeplatz für Dampfschiffe.
Brückenzerstörung im Zweiten Weltkrieg?
Als das Ende des Dritten Reichs in Hörweite war, versuchte die Wehrmacht die Brücke wie die anderen entlang des Teltowkanals zu sprengen. Gleichsam erhoffte man sich einen Freischlag durch eine gepanzerte Verstärkung. So brachte man zwar Sprengladungen an, aber zündete sie dann nicht. Als die Panzerverstärkung die Brücke überquerte, ließen sowjetische Geschosse einen Teil der deutschen Sprengladungen explodieren. Die Brücke war damit nicht mehr nutzbar. Den Verlauf der Geschichte hat das nicht beeinflusst.
Glienicker Brücke im Kalten Krieg
Zunächst wurde eine Holzbrücke als Ersatzkonstruktion erbaut und ein Dampferschiff organisierte den Verkehr zudem. Derart konnten auch die West-Berliner Alliierten zu den Verhandlungen zum Cecilienhof gelangen, wo die sogenannte ‚Potsdamer Konferenz‘ stattfand. Die behelfsmäßige Holzkonstruktion wurde im Jahr 1950 entfernt.
Mit der Aufteilung Deutschlands in die BRD und die DDR sowie dem geteilten Berlin führte die Brücke nun ins Feindesland. Die Berliner Seite gehörte zur NATO und die Potsdamer Seite zum Warschauer Pakt. Damit nahm diese Brücke eine Schlüsselrolle im Kalten Krieg ein. Der Zugang war vom Osten nur mit einer Sondergenehmigung erlaubt.
1947 wurde die Brücke wieder instand gesetzt, sodass sie in ihrer Originalversion wieder nutzbar wurde. Das gelang aber nur in begrenztem Umfang, weshalb die Fahrbahn verschlankt wurde. 1949 wurde die Brücke wieder eröffnet und von DDR-Seite in „Brücke der Einheit“ umbenannt. Die Grenze zwischen der DDR und der BRD, zwischen Berlin und Brandenburg, zwischen dem Ost- und dem Westblock markierte eine weiße Linie in der Mitte. Darüber schwebte das Hoheitsgebietsemblem der DDR.
Zwei Jahre später durften die Autos die Brücke nicht mehr nutzen. Sowieso wurde eine Sondernutzung qua Genehmigung eingeführt. Bis zum Mauerbau 1961 war sie aber nach einer Kontrolle für die DDR-Bürger*innen passierbar. In den 70er Jahren war eine Instandsetzung nötig geworden, allerdings konnte man sich nicht auf die Finanzierung einigen. Während sich der Streit hinzog, wurde die Brücke 1984 von den DDR-Behörden gesperrt. Erst als West-Berlin schließlich die Kosten übernahm, kam es zu Reparaturen. Dabei nutzte man unterschiedliche Farben.
Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke
Ihre größte Bekanntheit erfuhr die Brücke durch den Austausch von Agenten zwischen den beiden Supermächten des Kalten Kriegs: USA und Sowjetunion. Der Eiserne Vorhang trennte die beiden Lager, der sich mitten durch Europa und vor allem Berlin zog. Die Glienicker Brücke gehörte beiden Seiten jeweils zur Hälfte. Diese Situation, dass sich Ost und West genau und direkt gegenüberstanden, gab es nur selten. Die Brücke war schwer gesichert und doch für beide Seiten übersichtlich. So wurde die Glienicker Brücke gleich drei Mal zum Schauplatz eines Austauschs in Kalten Krieg. Bei diesen Austauschaktionen wechselten insgesamt 40 Personen die Seiten.
Der erste Agentenaustausch war eine Sensation im Kalten Krieg. Den Ausschlag gab ein Spionageflug über der Sowjetunion, den die USA dementierte. Das Flugzeug wurde aber abgeschossen und der Pilot, Francis Gary Powers, wurde gefangengenommen. Er wurde am 10. Februar 1968 gegen den Top-Spion Rudolf Abel alias William Fisher ausgetauscht. Auch der US-Student Prayer kam bei der Aktion frei. Die Glienicker Brücke war nur für Agenten, sodass Prayer am Checkpoint Charlie in die Freiheit übergeben wurde. Über den spektakulären Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke gibt es zahlreiche Filme, darunter eine deutsche und auch eine russische Produktion.
Eine wesentliche Rolle bei diesem und weiteren Austausche war der Ost-Berliner Rechtsanwalt Wolfgang Vogel. Er genoss das Vertrauen beider Seiten und hatte ebenfalls eine Zulassung in West-Berlin.
Der zweite Austausch von West- und Ost-Spionen fand 1985 statt. Es war gleichsam der größte seiner Art. Die CIA barg zu dem Zeitpunkt vier Geheimagenten der Sowjetunion in ihren Gefängnissen. Sie wurden auf der Brücke gegen 24 Gefangene, die im Osten für den Westen spionierten, eingetauscht. Diese Personen waren aber keine professionellen Agenten, sondern vielmehr kleine Fische im Krieg der Supermächte. Die Verhandlungen zur gegenseitigen Freilassung dauerten über acht Jahre. Zunächst schickte der Ost-Berliner Anwalt Vogel eine Liste mit 25 aufgeflogenen Agenten an den Westen. Das zeigte jedoch nur wenig Wirkung. Erst ein zweiter Anlauf zur Kontaktaufnahme führte zu einer Reaktion. Die Agenten waren denn gar nicht vermisst worden, da der verantwortliche Agentenführer bei der CIA deren Aufdeckung nicht weitergab. Stattdessen kassierte er deren Gehälter und flog erst wegen der Informationen der Gegenseite auf.
Am 11. Juni 1985 ist es so weit, dass vier Ost-Agenten gegen 25 West-Agenten ausgetauscht werden sollten. Dieser Austausch wurde sogar der Presse durchgestochen, sodass es erstmals offizielle Bilder von einem solchen Vorgang gab. Nur eine Frau weigerte sich, den Weg in den Westen anzutreten. Sie blieb aus familiären Gründen in der DDR.
Der dritte Agentenaustausch fand ein halbes Jahr danach statt. Im Februar 1986 saß bereits Michail Gorbatschow auf dem Kreml-Thron. Es waren nunmehr nicht nur Agenten unter den Ausgetauschten, sondern vielmehr auch Dissidenten aus dem Ostblock. Zu dem Austausch zählten Personen aus verschiedenen Ländern wie der Sowjetunion, der DDR oder aus der Tschechoslowakei. Der Vorgang verlief problemlos, jedoch wurde der russische Dissident Anatoli Schtscharanski zur Grenze gefahren und musste, die Hosen haltend, die weiße Linie überqueren.
Noch 1988 glückte es drei Personen aus Potsdam über die Glienicker Brücke aus der DDR zu flüchten. Die Brücke wurde nach dem Mauerfall bereits zum 10. November 1989 wieder für den Personenverkehr freigegeben.
Wo befindet sich die Glienicker Brücke?
- Grenze zwischen Berlin und Potsdam
- Königstraße
- 14467 Berlin
- 14467 Potsdam