Der Teltower Damm an der Ecke Schönower Straße – dort ist ein Gelände namens Wiesenburg. Gab es denn in Zehlendorf mal die Wiesenburg?

Tatsächlich sind Straßennamen oftmals Hinweise auf eine frühere Bebauung. Aber gab es in Zehlendorf die Wiesenburg am Teltower Damm?

Wiesenburg – Ein Überbleibsel der Gründerzeit

Bis vor Kurzem zeugte noch ein kleines Schild von der Wiesenburg, doch inzwischen blieb einzig das Wissen der Einheimischen noch von der Wiesenburg. Die Bebauung des Areals jenseits der S-Bahn-Linie begann 1872 mit dem findigen Maurermeister August Kosewsky. Der Grund und Boden war günstig und so entstanden günstige Mietwohnungen für die Unterschicht. Die Straße war die Teltower Chaussee, was heute selbstverständlich der Teltower Damm ist.

Was war die Wiesenburg in Zehlendorf?

Wo heute der Teltower Damm 44/48 ist, war in jenen Tagen der Wiesenburg die Teltower Chaussee 4. Noch 1976 entstanden unter dieser Adresse Wohnungen für Angestellte der Post. Aber gehen wir noch weiter zurück in der Geschichte des Platzes. Im August 1887 gründete sich die Gräflich Fürstenstein`sche Schloßbrauerei Wiesenburg mit Sitz in Bad Belzig – damals noch ohne das Prädikat „Bad“. Das Haus, das an der Stelle stand, kaufte ein Direktor der Brauerei Wiesenburg. Damit erhielt es seinen Namen. Darin war auch ein Wirtshaus untergebracht.

Kurz darauf wurde die Wiesenburg an den Großindustriellen Julius Pintsch veräußert, der das Areal während der 22 Jahre seines Besitzes nicht veränderte. Die Kneipe aber blieb erhalten und konnte eine Schar an Besitzern zählen. Die Kneipe zählte neben dem Schankraum noch einen weiteren Gastsaal, wo etliche Vereine ein Heim fanden. Die Vereine, zu denen beispielsweise auch Männergesangverein oder der Turn- und Sportverein zählten,  genossen die Nähe zur Wirtschaft, wo es neben Bier auch mal Champagner gab, wie der Heimatverein Zehlendorf zu berichten weiß. Der Sportverein Zehlendorfs nutzte den Saal auch zum Trainieren. Trotz des großen Zuspruchs gab es keine Klagen der Mietenden rund um die Wiesenburg.

Eine Liste der Gastwirte hat das Heimatmuseum. Zu ihnen zählt Otto Fielitz, der ein Foto von der Wirtschaft machte. Auch das Bild von 1912 ist im Heimatmuseum zu sehen. Davor gibt es kaum Bildmaterial, aber es ist überliefert, dass der Schriftsteller Paul Kunzendorf im zweiten Stock der Wiesenburg die Zehlendorfer Chronik schrieb.

Die Wiesenburg, wie auch der gegenüber gelegene Lindenhof waren ab 1933 Stammlokale der örtlichen Nazis. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Wiesenburg auch als Wahllokal genutzt, aber auch die Vereine zogen wieder ein. In der Wiesenburg gab es Schachturniere oder Briefmarkenbösen. Nachdem die Alliierten Luftgewehre wieder erlaubten, fanden hier sogar Schießübungen statt.

Neben dem Gastronomiebetrieb mit Speisen gab es in der Nachbarschaft eine Tankstelle. Die letzte Wirtin der Wiesenburg war Gerda Winkelmüller. Sie erlebte noch den Abriss der Wiesenburg.

Dank gilt den Informationen von Dietmar W! Mietzner.

Wo befindet sich die Wiesenburg?

  • Teltower Damm 44/46
  • 14167 Berlin-Zehlendorf
  • GPS: 52.42947323892263, 13.259308816937757

1 thought on “Gab es in Zehlendorf mal eine Wiesenburg?

  1. Dem Rechercheur ist nichts zu schwer …
    Das Hinweisschildchen „Wiesenburg“ steht immer noch (14.5.2023)

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