Eine der schönsten mittelalterlichen Kirchen des Gebiets des Teltows steht in Ruhlsdorf. Die Menschen aus Ruhlsdorf bedienten sich eines kleinen Tricks, um dem Teufel eins auswischen.
Wenn man nach Ruhlsdorf kommt, liegt die Dorfkirche nicht gerade im Dorfkern. Sondern am Rand der kleinen Gemeinde. Vermutlich war das im ausgehenden 13. Jahrhundert anders, damals lag die Kirche am Ende des Dorfangers. Dem gegenüber entsteht später das Gut Ruhlsdorf, wo heute neben einigen Ämtern auch das Deutsche Schweinemuseum Ruhlsdorf untergebracht ist. Bis ins 20. Jahrhundert lag die Kirche auf einer Anhöhe nach Osten zeigend neben einem kleinen Teich, der zwischenzeitlich nicht mehr existiert.
Baugeschichte Dorfkirche Ruhlsdorf
Bei dem Gotteshaus handelt es sich um eine typische Feldsteinkirche mit runden Gauben, einem eingezogenen Chor und einem mittig angefügten Turm auf der Westseite. Eine Besonderheit ist der verputzte Querbau, der als Eingang dient. Das Schiff misst 12,10 Meter in der Länge und 8,40 Meter in der Breite. Der Chor ist mit seinen Maßen, 7,20 Meter auf 6,40 Meter, der schmalste Chor in der Region des Teltows.
Vermutlich stand an der Stelle zunächst eine oder zwei Holzkirchen. Im Gegensatz zu den meisten Dorfkirchen erhielt die Dorfkirche Ruhlsdorf keinen Turm im 15. Jahrhundert, der kam erst im 18. Jahrhundert. Obwohl es schon zuvor einen Turm gegeben haben könnte. Die massiven Grundmauern und die runden Fenster deuten auf einen romanischen Grundbau aus dem frühen 13. Jahrhundert hin. Die Fenstermaße verweisen aber auf die frühe Gotik (die nach der Romanik kam) hin, was den Bau etwa um 50 Jahre nach hinten verschieben würde.
Unterschiedliche Steingrößen gleichen die unterschiedlich großen Basissteine aus. Die Ecksteine sind ordentlich geformt und verzahnt. Der Chor wurde nachträglich eingebaut, wie man an der Feldstein-Anordnung ausmachen kann. Auch die Fundamente von Chor und Schiff sind unterschiedlich tief und sind nicht fortlaufend. Und es sind auch Ziegelsteine enthalten.
Der klassische Ablauf des Kirchenbaus in der Region sah zunächst eine rechteckige Kirche mit spitzem Dach vor. Dann kamen die Apsis und später ein Anbau hinzu. In Ruhlsdorf wurde die Apsis durch eine Wand mit drei angeordneten Fenstern ersetzt. Vielleicht gab es zuvor eine Apsis, die mit dem Choranbau zerstört wurde. Das würde die romanischen Baustile erklären. Der Chor ist aus der Frühgotik. Vielleicht existierten Holz- und Steinbau auch gleichzeitig. Im Schiff waren sich jeweils vier Fenster gegenüber. Sie lagen ursprünglich relativ hoch und waren vermutlich verputzt. Im 15. Jahrhundert wurden die Mauern erhöht.
Das Kirchenschiff hatte eine flachbogige Öffnung, das mit Backsteinen geschlossen wurde. Es wurde offenbar ein Quader ersetzt. Auf der Südseite wurde ein Fenster verkleinert. Vielleicht sollten die baulichen Änderungen dem Chor mehr Leuchtkraft verleihen. Dies konnte in den Morgenstunden zu einem besonderen Anblick führen, der nun der Bebauung im Osten wegen vermutlich nicht mehr gegeben ist. Dafür spricht auch das bunte Fenster im Osten. In der Apsis-arigen Wand waren einst drei Fenster anders angeordnet, die man aber verschloss. Einige Fenster wurden zur Zeit des Barocks im 18. Jahrhundert zugemauert, andere wurden nachträglich auf anderer Höhe eingefügt. Dabei ging man nicht sehr sorgfältig vor. Die Nordseite war offenbar ursprünglich ein 1,55 Meter großer Eingang für den Priester. Im Inneren hinterließ es eine Nische. Der Querwestturm entstand zuletzt.
Das Patronat über die Kirche teilten sich ab 1823 die Orte Ruhlsdorf und Stahnsdorf im Wechsel. Bis 1930 wurde die Kirche um einen Anbau und die Orgelempore erweitert. Den letzten Schliff erhielt der Nordansatz 1984 und das Dach wurde 2002 ausgebessert.
Turm der Kirche Ruhlsdorf
Die unterschiedlichen Mauerarten könnten auf einen Dachturm hinweisen, der vor dem heutigen Turm die Westseite gekrönt hatte. Vielleicht gab es auch davor schon einen steinernen Turm. Im Jahr 1759 wurde jedenfalls der friederizianisch-barocke Turm an die Kirche angebaut. Doch schon 1783 zerstörte ein Blitz das Gebäude. Peter Eichelkraut, ein Teltower, erneuerte den Turm. Dies geschah zuletzt 1930. Der Turm bietet vier Etagen mit vier Öffnungen auf und darauf thront eine Kugel samt Windfahne mit der Inschrift 1735 und 1929. Warum dort die Jahreszahl 1735 steht, ist unklar. Oben ist eine Aussichtsplattform, von der man bis nach Berlin blicken kann. Der verputzte Turm verfügt über ein Geläut mit zwei Glocken und eine rundbogige barocken Nische im Eingang.
Details im Inneren der Dorfkirche Ruhlsdorf
Das Kircheninnere wirkt auf den ersten Blick sehr kühl und schlicht, doch es hält einige interessante Details bereit. Kurz nach der Renovierung in den 1930er Jahren wurden zwei Weihekreuze entdeckt. Eines befindet sich im Chor, das andere an der Wand auf der Südseite. Sie sind in rot-weiß und Scheibenform gehalten.
Eigentlich sind Weihekreuze aus der katholischen Liturgie. Sie bezeichnen die Stellen, die geweiht werden. Sie symbolisieren die Vollkommenheit und waren im Mittelalter rot getüncht, was das Blut Jesu darstellen sollte. Sie stehen meist in der Verbindung mit der Zahl Zwölf, was sich auf die Apostel bezieht. Die Salbung oder Benetzung mit Weihwasser erfolgte ebenfalls zwölffach, die anderen Weihekreuze wurden also entfernt. Die evangelische Kirche missbilligt die Weihung von Gegenständen und gerade die Weihekreuze waren ein Zeichen des Katholischen. Offenbar wurden sie nach der Reformation versteckt oder entfernt.
Der Altar mit seinen Bildern soll aus der Zeit der Reformation stammen, allerdings belegen Rechnungen das Jahr 1931. Insgesamt ist in diesem Jahr viel der ehemals mittelalterlichen Ausstattung verloren gegangen. Die Altarbilder zeigen Jesus und die vier Apostel Johannes, Paulus, Jakob und Petrus. Auf der Kanzel sind die Evangelisten: Markus, Matthäus, Lukas und Johannes abgebildet. Sie ist aus dem Jahr 1594. Die Engelsköpfe sind aber späteren Datums. Ihre De- und Montage hinterließen Gebrauchsspuren und auch der Schalldeckel wurde oftmals renoviert. Des Weiteren finden sich in der Kirche eine Zinntaufschale und Zinnleuchter aus der Gründerzeit.
Der Chor trennt sich vom Schiff durch den Triumphbogen, der romanischer Bauart sein dürfte. Einkerbungen im Chorbogen lassen vermuten, dass etwas auflag. Womöglich die ursprüngliche Decke des Hauses? Dem gegenüber ist der Bogen erweitert, um die Kanzel anzubringen. Im hinteren Teil der Kirche befindet sich eine spitze Nische. Womöglich war es früher ein Zugang zu einer Gruft, den das Kirchengelände war und ist ein Friedhof. Der Verbindungsbogen zwischen Schiff und Turm, der mit Holz verkleidet ist, ist barocker Art.
Im 15. Jahrhundert war die Kirche innen bemalt, was stellenweise noch auszumachen ist. Vor allem die Kanzel soll früher bunt erstrahlt haben. Beides war offenbar ein Geschenk des kurfürstlichen Rats Sebastian Müller.
Dem Gutsherrn und dem besitzenden Adel war die Patronatsloge zugedacht, die klassischerweise im Westen errichtet wurde. Als der Turm gebaut wurde, war auch die Loge bunt bemalt. Zu sehen war auch das Wappen der von Thiele auf der verglasten Loge. Die von Thiele (oder Tiele) erhalten Ruhlsdorf nach dem Ende derer von Stockheim. Genannt wird ein Oberst von Thiele. Der Adel geht später offenbar in der Familie der Großindustriellen Tiele-Winckler auf. Ihr Wappen in Ruhlsdorf war ein Schild in vier Teilen, wovon zwei einen Adlerfuß und zwei einen goldenen Stamm mit drei Blättern zeigten. Vermutlich änderte sich das Wappen in der Kirche mit dem Adel, der das Dorf gerade besaß.
In der Sakristei der Kirche lagern zwei alte Epitaphen mit dem Wappen derer von Stockheim. Auf einem Stein sind zwei Wappen und ein Totenkopf dargestellt für Friedrich von Stockheim (aus dem 18. Jahrhundert) und Christoph Graf von Stockheim, geboren 1717. Die Familie hält eine mörderische Geschichte bereit, die ein anderes Mal erzählt werden muss. Sie zeigen das Wappen derer von Stockheim. Vor der Kirche befinden sich noch Gräber der Familien von Stockheim, Romanus, Bouvier und Boettger, sowie eine Statue einer knienden Frau aus Sandstein. Dazu eine Urne mit Relief für den Regimentsquartiermeister Boettger, dem man damit gedenkt. Er war der Schwiegersohn des Pfarrers Sturm, der 1789 verstarb.
Wie Ruhlsdorf den Teufel austrickste
In vielen Kirchen findet man sogenannte Hundetrappen. Dazu gibt es eine Legende, die in der Kirche von Diedersdorf niedergeschrieben wurde. Eine Variation dessen erzählt man sich in Ruhlsdorf. Bei Hundetrappen oder Tiertrappen handelt es sich um Vertiefungen in Fliesen. Sie dienen, das ist allen Sagen gemein, den Teufel auszutricksen.
Der Erzählung aus Ruhlsdorf nach soll man damit den Teufel verscheuchen können. Unter einem Teppich in der Nähe des Taufsteins finden sich Einkerbungen in einem Fußbodenstein. Was in anderen Kirchen als Hundetrappen verstanden wird, sieht man hier als Ziegenfüße. Diese wurden vorsätzlich eingefügt.
Als die Kirche erbaut wurde, schickte sich der Teufel an, die Seelen der Menschen zu holen. In Diedersdorf holt der Teufel die Seele der Menschen als Gegenleistung dafür beim Bau geholfen zu haben. In der Dorfkirche Ruhlsdorf zeugen die Spuren von einem Dämon, der in Ziegengestalt die Kirche besuchte.
Der Teufel fährt also in diese Kirche in Ruhlsdorf ein. Doch dann entdeckt er die Ziegenspuren im Boden des Gotteshauses und verlässt die Kirche, denn die Ziegenspuren sind dem Teufel ein Beweis, dass sie einer seiner dämonischen Gehilfen bereits heimgesucht hatte. So getäuscht macht sich der Teufel dann unverrichteter Dinge davon. Auf diese Weise tricksten die Menschen aus Ruhlsdorf den Teufel aus, der sie fortan in Ruhe ließ.
Wo liegt die Kirche?
- Dorfstraße 3
- 14513 Teltow
- GPS: 52.374743662109964, 13.26792175164494