Der Bahnhof Lichterfelde Ost ist ein Stück Bahngeschichte, denn hier wurde die erste elektrische Straßenbahn der Welt in Betrieb genommen.
Die Kaiserzeit war die Zeit der Industrialisierung. Neue Erfindungen prägten plötzlich das jahrhundertealte Dasein der Landwirtschaft. Der Teltowkanal wurde gebaut, die Welt veränderte sich dramatisch und überall wurden Industrieflächen ausgewiesen, die es bis heute sind. Es wurden geniale Erfindungen konstruiert und dazu gehören auch die elektrischen Loks. Befreit vom Kesselbrand sollte die Bahn elektrisch-modern fahren, und zwar in damals Groß-Lichterfelde, das noch kein Teil von Berlin war. Obwohl die elektrische Eisenbahn technisch überlegen war, setzte man nach dem Krieg auf vielen Strecken aus finanziellen und infrastrukturellen Gründen auf Dieselantriebe.
Erfindung der E-Lok | Werner von Siemens
Während des Sommers 1879 pilgerten viele Berlinerinnen und Berliner auf das Gelände, das heute den Treptower Park ausmacht. Darauf fand die Berliner Gewerbeausstellung in diesem Jahr statt. Das Areal hatte man eigens für diese Veranstaltung erschlossen. Rund eine Million Menschen bestaunten, probierten und feierten die neuesten Erfindungen der Industrialisierung.
Eine der Hauptattraktionen der Gewerbeausstellung war die 3 PS-starke elektrische Eisenbahn von Werner von Siemens. Mit gemächlicher Schrittgeschwindigkeit beförderte sie während der Veranstaltung insgesamt mehr als 86.000 Personen auf einer Distanz von 300 Metern. Sie hatte drei Waggons, worin jeweils sechs Personen Platz hatten.
Siemens hatte die Lok nicht nur selbst konstruiert, selbst der Elektroantrieb dafür war ein hausgemacht. Die Gewerbeausstellung war für ihn gewissermaßen ein weiteres Testfeld. Der Strom erreichte den Zug über eine dritte Schiene. Eine Schwachstelle des Konzepts.
Elektrische Eisenbahn in Lichterfelde Ost
Schon zwei Jahre nach der Vorstellung auf der Gewerbeausstellung geht es für Siemens an die Realisierung. Ein Immobilieninvestor stellt ihm das Gelände für Testzwecke zur Verfügung. Daraus wird die erste elektrische Straßenbahn der Welt. Die Eröffnung war am 16. Mai 1881 in Groß-Lichterfelde.
Die Strecke, die auf einer alten Bahntrasse lag, führte etwa zwei Kilometer weit vom heutigen Bahnhof Lichterfelde-Ost bis zur Kadettenanstalt von Lichterfelde, die nördlich des Teltower Sees lag. Das Areal wird heute vom Bundesarchiv in der Finckensteinallee genutzt.
Die Stromzufuhr kam zu dem Zeitpunkt immer noch von unten – über die Räder. Ein Wagen beförderte bis zu 26 Menschen, der Motor hatte eine Leistung von 5 PS und man erreichte Geschwindigkeiten von bis zu 40 Stundenkilometern – allerdings waren nur 20 km/h zugelassen.
1890 wurde die Strecke mit einer neuen Stromversorgung bis zur Stammbahn in Lichterfelde-West erweitert. Nach dem Erfolg der seitlichen Stromführung wurde es auf der gesamten Strecke umgesetzt.
Geschichte des Bahnhofs Lichterfelde-Ost
Die Geschichte des Bahnhofs Lichterfelde-Ost beginnt noch vor der Entwicklung der elektrischen Eisenbahn. Die heute nicht mehr existierende Bahnhofshalle war mehr ein Zweck- als ein Repräsentationsbau. Es war so konzipiert, dass es auch als Scheune hätte genutzt werden können, sollte das mit der Eisenbahn nicht klappen. Seiner andauernden Bestimmung wurde der Bahnhof am 20. September 1868 der Öffentlichkeit übergeben.
Der Halt auf der Linie Berlin-Halle/Saale hieß zunächst nur Lichterfelde. Das Geld für den Bau gab der Großgrundbesitzer J. A. W. von Carstenn. Ihm gehörten weite Teile des heutigen Bezirks, das er an wohlhabende Abnehmer verkaufte, die die zum großen Teil noch heute existierenden Villen erbaut haben. Er selbst residierte im „Schloss Lichterfelde“, das daher auch gar kein Schloss war. Die Investition in den Bahnhof verbesserte die Verkehrsanbindung und erhöhte derart auch die Grundstücke im Wert.
Schon seit seinem Beginn ist es ein Bahnhof für Regionalzüge. Erst seit der Elektrifizierung hielt der ÖPNV an dieser Station, wenn auch etwas vor dem Bahnhofsgebäude. Ab 1884 ist es die Haltestation ‚Groß-Lichterfelde‘. Der Unterscheidung zwischen den Bahnhöfen der Linien Berlin-Halle und Berlin-Magdeburg wegen entstanden die Bezeichnungen Groß-Lichterfelde-Ost und Groß-Lichterfelde-West. 1920 kam mit Groß-Berlin die Umbenennung zum heutigen Namen ‚Lichterfelde-Ost‘.
Der ursprüngliche Bahnhof lag ebenerdig. Erst 1913 wurde er emporgehoben, um dem stetig steigenden Verkehr gerecht zu werden. Gleichsam wurde auch die Kapazität mit neuen Gleisen gesteigert. Die Architekten des neuen Bahnhofsgebäudes waren Karl Cornelius und Alfred Lücking, welche als Angestellte der preußischen Eisenbahnverwaltung einige Bahnhöfe in der Region bauten.
Der Neubau im Stil des Neoklassizismus, der sich an Pilastern und dem Uhrengiebel exemplifiziert, wurde inmitten des Ersten Weltkriegs im Jahr 1916 fertiggestellt. Vermutlich gab es deshalb keinen Festakt dazu. Auch ein genaues Datum lässt sich nicht herausfinden. Die Bauarbeiten dauerten drei Jahre. Dem Zweiten Weltkrieg fielen die steil zulaufenden Dächer zum Opfer.
Neben dem Bahnhof entstand damals noch ein Stellwerk. Das Gebäude steht noch heute direkt an den Schienen – wenige Meter vom Bahnhof entfernt. Da der Regionalverkehr zur Zeit der DDR nicht hielt, wurde das Gebäude nicht mehr gebraucht.
Bilder von Jochen Schulze Buschoff vom Bahnhof
Homepage von Jochen Schulze Buschoff
Wo befindet sich der Bahnhof Lichterfelde-Ost?
- Lichterfelde-Ost
- 12209 Berlin-Lichterfelde
- GPS: 52.42946953994767, 13.327341239526541