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Die Geschichte der Dorfkirche von Kleinmachnow

Die Dorfkirche von Kleinmachnow ist einzigartig, was mit ihrer Bauweise zusammenhängt. Sie spielt mit den Stilarten der Gotik und der Renaissance. Sie war das Aushängeschild des Adels von Hake und ist Gegenstand einer Legende, wie es auch eine Legende zum Medusentor gibt. Und es steht die Frage im Forschungsraum: Gab es schon vor dieser Kirche ein Gotteshaus in dem Ort?

Ganz in der Nähe der Bäkewiese, unweit des Machnower Sees, liegt die Dorfkirche von Kleinmachnow. Ein steinernes Monument des Ortsadels von Hake, welche einst neben der Burg Kleinmachnow lag. Allerdings stand die Kirche damals außerhalb des eigentlichen Gutsgeländes. Der brandenburgische Dichter Theodor Fontane hatte schon 1861 von der Kirche geschwärmt, die da „reizend zwischen Bäumen und Efeugräbern gelegen und von einer Steinmauer eingefaßt“ liegt. (Wanderungen durch die Mark Brandenburg)

Vielleicht ist es dem Einen oder der Anderen bereits aufgefallen, dass beim Kirchenbau im unteren Bereich andere Steine als im oberen Teil verwendet wurden? Diese anderen Steine betreffen aber nicht alle Stellen, es reicht nicht ringsum. Dieser Umstand war Anlass für Gerüchte in dem Ort. Dasselbe gilt für das Medusentor, das unweit der Kirche steht. Die Menschen von Kleinmachnow erzählten sich eine Geschichte dazu, die selbstverständlich mit dem herrschenden Adel, den Herren von Hake, zusammenhängt.

Eine zentrale Frage zur Kirche wurde lange Zeit von den Fachleuten geführt. Doch diese Frage, ob es sich bei der Kirche von Kleinmachnow um den ersten Kirchenbau handelte, scheint beigelegt.

Kleinmachnows erste Kirche?

Der Backsteinbau ist in den Jahren 1597 bis 1598 errichtet worden. Das ist für die Dorfkirchen der Mark Brandenburg untypisch. Die meisten Kirchen in der Gegend entstanden im 13. Jahrhundert. Zur Errichtung wurden dafür meist Feldsteine genutzt, wie es beispielsweise in Ruhlsdorf oder in Dahlem vorzufinden ist. Dieses Baumaterial kommt offenbar auch im Unterbau in geringer Zahl vor, jedoch bestehen die Mauern zuvorderst aus Backsteinen.

Es gibt zwar unterschiedliche Einschätzungen, aber die meisten Fachleute gehen davon aus, dass die erste Kirche in Kleinmachnow zum Ende des 16. Jahrhunderts erbaut wurde.

Dafür spricht auch die einheitliche Bauweise. Es ist aber nicht gänzlich auszuschließen, dass man nach dem Errichten des Fundaments eine Baupause eingelegt hatte und sich deshalb der untere Teil vom Gesamteindruck unterscheidet.

Damit stellt sich die Frage, wann genau eine Kirche an diesem Platz das Licht der Welt erblickt hat? Der Unterbau der Backsteinkirche wirkt mit der helleren, gelblichen Farbe älter als der darüberliegende Teil, der mehr ins Rötliche geht. Die Steine unterscheiden sich nicht nur in der Farbe, sondern auch in den Ausmaßen.

Theodor Fontane glaubte, dass der untere Teil des Kirchenbaus aus dem Jahrhundert vor dem Überbau stamme. Er ging nicht darauf ein, wie er auf diese Erklärung kommt, die aber ursächlich für die Verschiedenheit des Unterbaus sein soll. Auch die Inschrift im Inneren der Kirche: „Casparus Jacke, Maurermeister zu Potsdam 1597“, brachte ihn nicht von der Meinung ab. Fontane interpretierte diese Schrift so, dass sie lediglich über das Jahr der Renovierung informiere.

Selbstverständlich erwuchs aus den unterschiedlichen Farben des Gotteshauses eine Legende, die auch Fontane in seinem Werk erwähnt. Demnach ist die steinige Verschiedenheit auf zwei Schwestern aus dem Hause Hake zurückzuführen. Sie erbten gemeinsam und wollten ihren Anteil am Erbe durch unterschiedliche Steinfarben untermauern. Sowohl die Legende als auch die Annahme eines älteren Vorgängerbaus lassen sich mit dem derzeitigen Stand der Kenntnis nicht unter einen Hut bringen. Der Wahrscheinlichkeit folgend, war es vielleicht ein Akt der Renovierung (zumal es nur einige Stellen betrifft) oder es ermangelte beim Bau den Steinen derselben Farbe. Vielleicht war es auch Absicht – eine Form der Kreativität?

Chorende Kirche Kleinmachnow

Der Oberbau ist typisch für die damalige Zeit – vom gestuften Turm bis zum Walmdach. Auch das Kircheninventar spricht für eine Errichtung kurz vor dem Überschreiten der 16. Jahrhundertgrenze. Dazu zählen beispielsweise der Altar, die Kanzel oder das Taufbecken. Sie alle sind aus den 1590er Jahren.

Schließlich findet sich auch in den mittelalterlichen Urkunden kein Hinweis auf eine Kirche vor 1600. Die Frage der ersten Erbauung beschäftigte die Menschen schon im 19. Jahrhundert. Im Jahr 1885 kam der Ortschronist zu dem Ergebnis, dass es vorher keine Kirche in Kleinmachnow gab. Noch 1574 findet sich ein Vermerk, dass es in Kleinmachnow keine Kirche gab. Dafür findet sich in einer Matrikel von 1600 der Hinweis, dass die Kirche Kleinmachnow 1598 erbaut wurde. Zudem lag die Kirche außerhalb des Gutsgeländes. Hätte sich an der Stelle schon vorher eine Kirche befunden, wäre sie vermutlich auf dem Gutsgelände integriert gewesen und läge nicht außerhalb.

Hakes Symbol der Macht: Die Kirche

Neben einer Burg war es dem brandenburgischen Adel auch vergönnt, eine Kirche unter eigenem Patronat zu haben, nicht zuletzt wegen der Grablege. Diese befand sich für den Adel aus Kleinmachnow in Stahnsdorf. Dort liegen die Adelsvertreter*innen bis zu Otto von Hake, der 1590 starb.

Nach seinem Tod übernahm seine Witwe Margarete (geborene Schulenburg) die Leitung. Sie war es, die den Kirchenbau in Auftrag gegeben hatte. Noch im Jahr 1885 gab es auf der nach Süden gewandten Seite eine Glasscheibe, die auch mit dem Wappen der Erbauerin verziert war. Das Wappen prangt zudem noch von der Altarwand.

Die Kirche diente auch der PR für das Haus Hake. Das auf den Säulen aufgelegte Sterngewölbe erzählt von der Geschichte des Adels. In der Kirche befindet sich die Familiengrablege derer von Hake, wie man an einigen Epitaphen in der Apsis sieht. Seit der Erbauung wurden die Familienmitglieder hier beerdigt. Ein Bildnis des Hakes, der 1743 starb, schuf Johann Georg Glume aus Berlin.

Kirche & Kunst von Kleinmachnow – Im Spannungsverhältnis von Gotik und Renaissance

Das Mittelalter wich gerade der Moderne, die mit der Renaissance ein neues Zeitalter schuf. Dieser Bau ist aber großteilig noch im Stil der Gotik erbaut, wie es die Spitzbogenfenster verdeutlichen. Diese Melange aus Gotik und Renaissance macht diesen Kirchenbau tatsächlich einzigartig. So verhält es sich auch mit der Kunstsammlung, wie zum Beispiel beim Altar. Er weist doppelte Flügel auf, er ist bemalt und im Inneren erheben sich feine Reliefs biblischer Szenen.

So zeigt der Altar das Abendmahl Jesu, Moses mit dem brennenden Busch, die Szene am Ölberg, die Fußwaschung sowie Jesus vor dem Hohepriester und die Beisetzung. Begleitet sind die Bilder vom Wappen von Hake und Schulenburg und über allem thront der auferstandene Jesus. Ist der Altar geschlossen, finden sich weitere Malereien, die Jesus in seiner Jugendphase zeigen. Die Rückseite gibt Auskunft über den Künstler, der auch den Taufstein schuf: Hans Zinckeisen aus Berlin im Jahr 1599. Der Taufstein, der gleichfalls augenblicklich ins Auge fällt, wurde bereits zwei Jahre zuvor gefertigt.

Es finden sich auch erste Züge der Renaissance am Altar, wie der Rahmen oder den gekrönten Miniaturtempel (Ädikula) und an der Kanzel. Auch die Taufschale oder die Grabmale tragen Züge dieses Stils, was aber an ihrem Einzug in die Kirche im 17. Jahrhundert liegt. Die Gemälde von Luther und Melanchthon sind aber aus dem 16. Jahrhundert. Aus dem Jahr 1711 stammt ein sogenanntes Stundenglas. Das seltene Konstrukt ist ein Zeitmesser. Es ist ein Glas, dessen Inhalt eine Stunde braucht, um die Öffnung zu passieren.

Die Renovierungen in den Jahren 1703 und 1704 führte Daniel Mercker durch. Auch der Gruftanbau auf der Nordseite geht auf ihn zurück. In den Jahren davor wurde der Turm erhöht. Es gab im 20. Jahrhundert noch einige Renovierungen, die aber keine visuellen Änderungen ergaben. Die Ausnahme bildet die Turmhalle, die 1951 umgestaltet wurde. Die Friedhofsmauer entstand übrigens erst 1684 durch Nicolaus Melchert.

Hans Zinckeisen und die Raubritter

Über den kunstvoll gearbeiteten Altar gibt es übrigens noch eine interessante Anekdote zu erzählen. Hans Zinckeisen fertigte den Altar in seiner Werkstatt in Berlin. Als das heiligste Element der Kirche fertig war, musste es noch bis nach Kleinmachnow gebracht werden. Die Zeiten des Wandels gingen auch mit Gewalt her. Es ist das Jahr 1599.

Die moderne Technik hielt denn einige Veränderungen bereit, mit denen vor allem die niedrigen Adeligen ihre liebe Mühe hatten. Die einst prachtvollen Ritter, die den Geist der vergangenen Epoche atmeten, hatten ausgedient. Es gab keine Burgen mehr, die Artillerie machte sie überflüssig. Man baute künftig Schlösser. Auch die Art und Weise, wie man Krieg führte, änderte sich durch die technische Entwicklung. Wo man früher berittene Krieger ins Feld schickte, engagierte man nun Söldner, die zwar weniger ausgebildet, dafür sehr viel billiger waren. Sie bekamen kein Land, sondern Geld und standen nur kurze Zeit im Dienst des Heerführers.

Wegen dieser gesellschaftlichen Veränderungen schmälerte sich nicht nur des Ritters Status, sondern vor allem dessen Einnahmen. Und der verarmte Adel überfiel Ortschaften wie beispielsweise Zehlendorf oder Güterfelde und stellte nun den Händlern nach, die ihre Waren über die Dörfer fuhren. Die Händler beschwerten sich ganz oben – beim Kaiser, der den Rittern auch immer mehr zu Leibe rückte.

Vor diesem Hintergrund begab sich der Künstler Hans Zinckeisen aus Berlin auf den Weg, seinen Altar in Kleinmachnow abzuliefern. Der Weg führte damals durch morastiges Terrain und dunkle Wälder. An einer Stelle lauerten Raubritter den Reisenden auf. Hans Zinckeisen geriet in einen solchen Hinterhalt. Die Raubritter erbeuteten einige Altartafeln und ließen ihn verletzt zurück. Die fehlenden Teile wurden später noch mal erstellt und nachgeliefert.

Legende zum Medusentor

Nicht nur um die unterschiedlichen Farben der Kirche rankt sich eine Legende, auch das Medusentor ist Gegenstand einer Sage.

Das Medusentor als Eingang zum Gutshof entstand ab 1686 und verströmt bereits den ganzen Charme der Renaissance. Der Blick wandte sich zur Antike, deren Wiedergeburt der Epoche den Namen gab. Auf dem Medusenportal sieht man antike Figuren, wie es der Name bereits kundtut. Auf dem Tor ist der Kopf der Göttin Minerva abgebildet, wie er symbolisch auf dem Haupt der Medusa sitzt.

Minerva war die römische Göttin des Verteidigungskriegs und der Weisheit. Ihr griechisches Pendant war die Göttin Athene. Auch Medusa hat griechische Wurzeln. Sie war eine Gorgone, deren Schönheit legendär war. Sie war eine Jungfrau im Dienste der Göttin Athene, die dem Meeresgott Poseidon gefiel.

Eines Tages vergewaltigte der Gott der See diese Schönheit. Dessen ungeachtet war Athene, in deren Diensten Medusa stand, über ihre Anwesenheit in ihrem Tempel so erzürnt, dass sie sie in ein Scheusal verwandelte. Der Fluch Athenes ließ jeden zu Stein werden, der es wagte, ihr in die Augen zu schauen. Schließlich würde Perseus sie köpfen und ihr Haupt als Waffe gegen seine Widersacher einsetzen. Dass Minerva als Göttin für Weisheit und Verteidigung über dem Scheusal steht, soll vermutlich den Triumph des Guten über das Böse symbolisieren.

Die Menschen aus Kleinmachnow waren mit diesen Details nicht vertraut. Sie sahen in den Gestalten einen Adeligen von Hake. Der frühere Besitzer, ihm wurde Herzlosigkeit attestiert, sei am Tor zu sehen. Die Schlangenhaare wurden laut Fontane so interpretiert, dass dieser Herr von Hake von Schlangen gefressen worden sei.

Medusenkopf unter Kopf der Minerva Kleinmachnow

Wo befindet sich die Dorfkirche Kleinmachnow?

  • Zehlendorfer Damm 209
  • 14532 Kleinmachnow
  • GPS: 52.39499671011059, 13.223591907722808

meister

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