Das Lange Luch bietet eine Spreewald-Atmosphäre. Daneben befindet sich die Dachsheide, ein renaturiertes Gebiet eines Kalten Krieg-Relikts. Diesem Bauvorhaben stellte sich ein Mann mit seiner geladenen Waffe entgegen.
Das Gefühl, im Spreewald zu sein, kann man im Langen Luch erleben. Ein Kanal, der Fennkanal, führt durch das Moorgebiet und Bäume säumen seinen Weg. Gleich nebenan befindet sich die Dachsheide, wo die USA ein Munitionsdepot errichteten. Die Zerstörung der Natur und die Abholzung der Bäume im Grunewald wurde aber nicht einfach hingenommen. Ein Mann setzte sich dagegen zur Wehr. Heute ist das teils verlandete Moor ein Naturschutzgebiet in Berliner Bezirk Dahlem. Der Name des Gebiets ‚Langes Luch‘ bezieht sich vermutlich auf die Form. Das Luch zieht sich längs zwischen Riemeisterfenn und Grunewaldsee. Der steilere Abhang verdeutlicht seinen Ursprung als Eiszeitschmelzrinne, die vor langer Zeit einen Schmelzsee bildete. Das Wort ‚Luch‘ ist wie ‚Lanke‘ ein Wort mit slawischen Wurzeln und meint sinngemäß, dass es sich um einen sumpfigen Untergrund handelt.
Langes Luch im Grunewald
Wie die anderen Gewässer der Grunewaldseenkette, der Schlachtensee, die Krumme Lanke, das Riemeisterfenn und der Grunewaldsee, ist das Lange Luch ein Überbleibsel der Eiszeit. Genauer gesagt, blieb das Schmelzwasser zurück und zog Rinnen in den Untergrund. Heute ist das Wasser in einem Kanal gebettet, der sich bis zum Grunewald erstreckt. Vor etwa 3.000 Jahren, nach der Eiszeit, war das Lange Luch noch ein See, an dessen Grund heute ein Weg durch das Naturreservat führt.
Es bildete sich sogenannte Seggentorfe, die wasserdurchlässig sind. Deshalb befindet sich das Moor ebenfalls in der Verlandung. Jedoch war die Entnahme von Grundwasser für das Trinkwasser ein wesentlicher Treiber bei der Verlandung des Moors. Das, zusammen mit der Bewaldung des Areals, führte auch zu einem Absacken des Geländes. Das ist der Grund, warum viele Baumwurzeln, vor allem von Erlenbäumen, freiliegen. Man fand verschiedene Torfschichten, die in Richtung der Oberfläche zunehmen. Das Fehlen von Holztorfen ist Beleg für den See und die Abwesenheit von Baumwuchs nach der Eiszeit. Denn das Gelände bot kaum Nährstoffe.
Das Lange Luch ist seit 1960 ein Naturschutzgebiet, das im Jahr 1987 aktualisiert wurde. Der Schutzzweck dient dem Wohl seltener Pflanzen und Tieren in dem Moor. Seit 2017 gehört auch die Dachsheide zum Naturschutzgebiet, sodass es rund 32 Hektar Fläche umfasst. Durch den Fenngraben wird dem Moor zwischenzeitlich dauerhaft Wasser zugeführt, um die Verlandung zu stoppen. Das Lange Luch ist ein Nieder- und Zwischenmoor. Diese Moorarten erhalten das nötige Nass nicht allein durch Regen. Der sumpfige Untergrund besteht zumeist aus verfaulendem Schlamm. An der tiefsten Stelle zieht sich der Moorbereich zehn Meter in die Tiefe und dennoch läuft das Lange Luch Gefahr zu verlanden.
Folgenschwere Eingriffe in das Lange Luch
Das Moor speichert heute rund 131.000 Tonnen CO2, die bei einer Verlandung entweichen würden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bot das Moor vielen seltenen Pflanzen eine Heimat. Doch nach der massenhaften Wasserentnahme für die sich erweiterende Bevölkerung sackte das Moorterrain ab. Schon damals erkannte man die Problematik und führte Wasser wieder hinzu. Doch das nun eingeleitete Wasser war metallbelastet und reich an Nährstoffen. Es waren die Abwasser der Villenviertel. Damit veränderte man den Charakter des Gebiets nachhaltig.
Denn dieses Abwasser führte zu einer Überstauung der Moorbereiche, da die Sedimente bis zu zehn Metern tief reichen. Daher wurde nur ein kleiner Teil wieder in ein intaktes Moor zurückverwandelt. Ansonsten verlor das Moor in weiten Teilen seine Eigenschaften und eutrophierte, was bedeutet, dass zu viele Nährstoffe eingelagert wurden. Dieser Zustand ist nicht mehr zu ändern. Das führte auch zu einer Bewaldung von besonders vielen Erlenbäumen. In den anderen Teilen will man die Erlen zurückdrängen und der Birke den Vorzug geben.
Das Gewässer ist gerade nach Regenfällen ein Paradies für Mücken, sodass man sich entsprechend ausstatten sollte. Folglich gibt es hier viele verschiedene Spinnenarten und auch Käferarten fühlen sich hier wohl. Schon lange ist der Wasserkäfer, der als stark gefährdet gilt, hier nicht mehr gesehen worden. An Bäumen kann man neben Erlen und Birken auch die giftige ‚Späte Traubenkirsche‘ und den ‚Eschen-Ahorn‘ erspähen. Wo das Wasser noch ausreichend sauer ist, da wächst auch das Sumpfknabenkraut – eine Orchideenart. Auch die Schwanenblume gedeiht in diesem Bereich des Grunewalds.
Naturschutzgebiet Dachsheide
Einen Dachs habe ich auf der Dachsheide nicht gesehen, aber weite Teile dieses Naturschutzgebiets sind nicht zugänglich. Das dient dem Schutz vor Hunden und Radfahrenden. Und Hundehaltende trifft man hier fast immer an.
Der Name ‚Dachsheide‘ hat wohl mit dem zuständigen Forstrevier zutun, dem Dachsberg. Ein Weg führt am Rand entlang, wo sich nun ungestört Schafe der Vegetation annehmen. Augenblicklich fallen die Sanddünen auf, die die hiesige Landschaft ebenfalls prägen. Der Grund dafür liegt in der Abholzung durch die US-Armee. Dazu später noch mehr.
Das Gelände ist zur Hälfte mit Birken, Kiefern und einigen Sträuchern bepflanzt, während die andere Hälfte der Natur anheimgegeben wurde. Einer der 30 ehemaligen Bunker des Munitionsdepots der US-Armee aus dem Kalten Krieg ist noch erhalten und dient heute den Fledermäusen als Unterkunft.
Dachberg Area | US-Munitionsdepot in der Dachsheide
Als die alliierten Schutzmächte noch in Berlin stationiert waren, holzten sie diesen Bereich ab und errichteten ein Munitionsdepot mitsamt dazugehörigen Bunkern. Vermutlich gab es hier auch Schießübungen. Das Gelände umfasste 13 Hektar Fläche und bot Platz für 30 Bunker, einige Verwaltungsgebäude und es wurde von vier Wachtürmen und selbstverständlich zwei Reihen Stacheldraht geschützt. Die Bunker ähnelten in der Form gekappten Pyramiden, und wenn man genau hinschaut, erkennt man auf dem Gelände den letztverbliebenen Schutzbunker. Einen Eingang, der sich darauf befindet soll, habe ich nicht gesehen. Aber es gibt Bilder von einem besprayten Bunkeraufsatz. Dieser ist selbstverständlich verschlossen, da die Fledermäuse nicht gestört werden sollen.
Das Bild zeigt das ehemalige Munitionsdepot und stammt vom 6941. Wachbataillon der US-Streitkräfte, das in Berlin mehrere Einrichtungen bewachte und die Papiere kontrollierte. Die Homepage ist gut aufgebaut und bietet einige interessante Einblicke.
Als die US-Truppen mit den lauten Dieselmotoren der Panzer 1951 durch den Grunewald zogen, um das Areal abzuholzen und die Bunkeranlage zu errichten, machte sich ein Mann bereit, sich ihnen entgegenzustellen. Der Krieg lag erst sechs Jahre zurück und die US-Militärs hatten das Sagen in diesem Sektor Berlins. Der Mann, der sich ihnen im an der heutigen Dachsheide entgegenstellte, war der Revierförster vom Dachsberg. Er wollte den Waldbestand im Grunewald vor den US-Truppen retten. Der Verteidiger der Bäume im Berliner Grunewald war sogar bewaffnet. Mit einer Schrotflinte in der Hand stellt er sich vor das Baugelände. Er entsicherte sein Gewehr und wartete. Es kam jedoch zu keinem Schusswechsel. Der Revierförster der Dachsheide musste dafür jedoch einsitzen. Leider konnte ich nicht erfahren, wie dieser Förster hieß oder wie hoch die Strafe für seinen Widerstand war. Ebenso war der genaue Ablauf nicht mehr herauszufinden. Interessant wäre es vermutlich auch zu wissen, wie die US-Armee auf den Förster reagierte. An dieser Stelle noch mal vielen Dank für die Informationen der Förster Emanuel Grabinski und Marc Franusch, die mir bei der Recherche halfen.
Der Boden wurde durch die US-Armee über die Jahre mit Munition und Treibstoff belastet. Die Kosten dafür musste Berlin tragen und nicht überall stand das nötige Geld bereit. Doch es gab nicht nur ein Munitionsdepot oder einen Schießübungsplatz im Grunewald. Die US-Armee hatte mehrere Standpunkte in West-Berlin, wo sie das Kriegsspiel übten und Berlin verteidigungsfähig machten. Daher waren diese Militärstandorte im Grunewald abgeriegelt. Bei militärischen Übungen der alliierten Schutzmächte fanden sich regelmäßig Agenten des Ostblocks, die selbstverständlich rein zufällig im Grunewald waren. Ein ähnliches militärisch genutztes Gelände, das über 26 Bunkern nebst anderen Gebäuden verfügte, stand im Jagen 92 im Grunewald. Hier nutzte man die alten Gräben aus Zeiten vor dem Krieg, als man die Avus noch erweitern wollte. Die Baureste, die sich in Sandhügeln aus dem Boden erhoben, nutzten die US-Soldaten als Deckung. Dieses Gelände wurde ebenfalls naturiert und auch hier blieben Sanddünen zurück. Der Grund für den Sand ist, dass es günstiger war, die Bunker zuzuschütten, als die Gebäude abzureißen. Und für das Zuschütten der Relikte des Kalten Kriegs bediente man sich des günstigen Sands.
Außerdem gab es in diesem Bereich des Grunewalds einen brutalen Mord an einem griechischen Studenten. Seine Leiche wurde von Kindern gefunden. Dimitri Papademitries war eine zwielichtige Person und sein Tod stellt die Ermittler vor Rätsel. Diese Geschichte, die die damaligen Zeitungen als der Griechen-Mord titulierten, erzähl ich das nächste Mal.
Wo befindet sich das Naturschutzgebiet Langes Luch / Dachsheide?
Ein Besuch im Naturschutzgebiet Langes Luch / Dachsheide bietet sich mit Rad oder zu Fuß an. Jedoch muss man sich vor einzelnen Hundehinterlassenschaften in Acht nehmen. Diesen Teil des Grunewalds kann man auch gut mit dem Auto erreichen. Parkplätze befinden sich nördlich davon bei Paulsborn (Hüttenweg) oder südlich davon an der Rodelbahn im Grunewald. Im Langen Luch gibt es Schatten an warmen Tagen und das Besuchsaufkommen hält sich in Grenzen. Die Dachsheide hingegen ist kaum beschattet und hat stellenweise schon viel Zuckersand ausgebildet. Einige Bänke zeigen sich an den Wegen. Wer in die Niederungen des Langen Luchs vorstoßen möchte, denke an die enstprechende Mückenabwehr.
- Langes Luch und Dachsheide
- 14193 Berlin