Neuruppiner Straßenschild Zehlendorf
Als der Staatsratsvorsitzende der DDR, Walter Ulbricht, am 15. Juni 1961 von der Journalistin Annamarie Doherr zur Grenze in Berlin gefragt wurde, platzte ihm eine fehlgezündete Nebelkerze heraus, die mit dem Satz endete: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!“, wonach ja auch niemand fragte. Zwei Monate später, am 13. August 1961, wurde mit dem Bau der Mauer begonnen und am selben Tag begannen die Fluchten nach Westen oder wie man seinerzeit sagte „Rübermachen“. Das klingt fast verharmlosend dafür, dass Republikflucht in der DDR ein Straftatbestand war.
Im Oktober 1962 stellten die West-Berliner, Eduard und Boris Franzke mit Freunden, zwei Schuppen direkt an der innerdeutschen Grenze zwischen Zehlendorf und Kleinmachnow auf. Auf den Holzbuden stand die Aufschrift „Gärtnerei Immergrün“. Aber Pflanzen kamen nicht zum Einsatz. Stattdessen begannen sie, gut versteckt durch die Buden zu graben. Und sie waren nicht allein.
Die Franzkes wollten ihren Verwandten in Kleinmachnow zur Flucht verhelfen, andere Fluchthelfer waren der ehemalige Radrennsportler aus der DDR, Harry Seidel, oder der Kioskbesitzer Fritz Wagner. Insgesamt etwa 15 Personen gruben gemeinsam für die Freiheit anderer. In Kleinmachnow warteten 13 Fluchtwillige.
Zwischen der Neuruppiner Straße (157) in Zehlendorf und der Straße Wolfswerder (29) in Kleinmachnow lagen rund 80 Meter Distanz. Über dem Tunnel stand die deutsch-deutsche Grenze, auf der scharf geschossen wurde. Der Plan erschien machbar: Es gibt keine größeren Geröllvorkommen, es steht kein Grundwasser im Weg und die Maskerade als Blumengeschäft lag nahe. Denn das Terrain befand sich 1962 gerade im Begriff, bebaut zu werden. Hier waren einige Gärten oder auch Felder, sodass eine Bretterbude kaum Aufmerksamkeit auf sich zog. Um nicht aufzufallen, schlossen sich die Grabenden für fünf Wochen ein.
Die Grenzanlagen waren zu dem Zeitpunkt noch nicht so gut befestigt, was Hoffnung auf Erfolg gab. Es war jedoch abzusehen, dass die DDR die Grenze weiter absichern würde. Daher war Zeit ebenfalls ein wichtiger Faktor. Sie planten, die 80 Meter im November hinter sich gebracht zu haben.
Der Tunnel stand im November kurz vor der Fertigstellung. Doch unter den Fluchthelfenden war ein StaSi-Spitzel. Er verriet die Aktion, sodass am 11. November 1962 die Staatssicherheitsbehörden der DDR das Areal stürmten, welches sie schon geraume Zeit observierten.
Sie verhafteten die Anwesenden und die Nachbarn in der Straße Wolfswerder. In der anschließenden Verhaftungswelle wurden weitere DDR-Bürger*innen und zwei Kuriere aus dem Westen verhaftet. Sie waren zwar in den Plan, nicht aber beim Graben involviert.
Derweil gruben die Menschen von der West-Seite her weiter, denn sie wussten nichts von den Festnahmen. Sie kamen kurze Zeit später in der Dunkelheit empor – auf dem geplanten Grundstück, allerdings wenige Meter vor dem Keller. Die StaSi hingegen wusste recht genau, wo der Tunnel war.
Kurz vor halb zehn Uhr stieg Harry Seidel aus dem Erdreich empor und erblickte eine auf ihn gerichtete Waffe. Er wurde gefesselt, geschlagen und gezwungen, die Mithelfenden auszutricksen, doch er warnte sie durch lautes Rufen.
Daher wollte die StaSi den Tunnel mit einem 5-Kilogramm-Sprengstoff zum Einsturz bringen, obwohl ein Liebespärchen in der Nähe war. Die Franzkes erkannten die Falle und robbten den 80-Zentimeter breiten Tunnel zurück. Die Zündung scheiterte, weil es doch noch aufrechte Menschen unter den StaSi-Leuten gab. Ein bis heute unbekannter Held mit Courage zerschnitt das Zündkabel, sodass die Leute aus dem Tunnel noch flüchten konnten.
Die Strafen für Republikflucht waren empfindlich. Die Staatsanwaltschaft forderte bei einigen Beteiligten acht Jahre oder mehr, darunter auch für die Kuriere. Harry Seidel wurde als ehemaliger Promi und Aushängeschild der DDR besonders hart bestraft. Zudem war er mehrfach als Fluchthelfer in Erscheinung getreten. In einem Schauprozess wurde er wegen „staatsfeindlicher Menschenschleusung“ zu lebenslanger Haft in Bautzen verurteilt. Allerdings saß er nur etwa vier Jahre, bis die Bundesrepublik ihn freikaufte. Eine solche Übergabe erfolgte meist unauffällig, aber auch ein Mal über die Glienicker Brücke.
Der Verräter des Tunnelprojekts war mutmaßlich jemand aus dem Team. Davon zeugen detaillierte Informationen der StaSi. Der Verdacht fiel auf den Autovermieter Bodo P., der das bestreitet. Es spricht für ihn, dass es keinerlei StaSi-Bericht über ihn als Informellen Mitarbeiter (IM) gibt und er wurde ebenfalls festgenommen. So gibt es zwei Mysterien, die diesen Fall umgeben: Wer war der geheimnisvolle StaSi-Mann, der die Kabel zerschnitt? Und wer war der Verräter in den Reihen der Fluchthelfenden?
Es soll eine Gedenktafel an der Neuruppiner Adresse geben, doch ich konnte keine vorfinden.
Das Finanzamt hat mein Konto gesperrt, hat die Steuer geschätzt und erhoben. Der Grund: Mein…
Die Furt, also Übergang, über die Nuthe bei Saarmund hat in der Geschichte unserer Region…
Wir schreiben das Jahr 2025 und viele Gemeinden in der Umgebung feiern ihr 650jähriges Bestehen.…
Unbestritten ist das Erbe der Rieselfelder problematisch. Schwermetalle, Ölrückstände und andere chemische Giftstoffe liegen unsichtbar…
Die Rieselfelder hinter Teltow erlauben eine verträumte Idylle. Man erspäht hier ein Reh, da einen…
Südlich von Saarmund liegt der Naturpark Nuthe Nieplitz – wo man durch die Natur wandern…
View Comments
Sehr interessanter Artikel.
Leider wurde gegendert.
Somit wurde der Artikel vollends kaputt geschrieben und ist damit unlesbar geworden.