Barrikaden Berlin 1848
Die Not der Menschen war nicht beseitigt und diese schlossen sich schließlich zusammen, um politische Forderungen zu stellen. Es war nicht nur Karl Marx, der den Massen die Zusammenhänge erklärte. Viele Strömungen finden in dieser Zeit ihren Anfang. Die Forderungen waren relativ ähnlich: Deutschlands Einheit, Bürgerrechte und demokratische Machtverhältnisse. Die Forderungen waren damals radikal.
Doch 1848 gab es keine Meinungsfreiheit, keine Pressefreiheit, keine Mitsprache, kein Aufstieg, kein Einkommen. Auf der Suche nach Arbeit kamen die Menschen in die Stadt und das Überangebot an Arbeitern verringerte den Preis. Bündnisse erwuchsen daraus, je nach Bedürfnis – vereint gegen die preußische Repression. Neben Grundrechten kämpfte der Liberalismus zuvorderst für Handelsfreiheit, denn der 1834 gegründete Deutsche Zollverein hatte einen Aufschwung der Wirtschaft erreicht. Das diente allerdings nur der ohnehin reicheren Schicht.
Die Unterdrückung, die Zensur und die blutige Reaktion durch die adlige Obrigkeit prägen die Geschichte bis heute, wenn auch selten bewusst. Auch das Deutschlandlied ist aus dieser Zeit. Die Menschen reagierten auf die Verbote mit der Bildung von Vereinen. Die Burschenschaften kommen in Mode – damals im Gegensatz zu heute eine linksliberale Bewegung. Auch der Nationalismus ist eine linksradikale Gesinnung, sofern sie im Rahmen der Demokratie gedacht wurde. Weil politische Vereine verboten sind, werden Gesangs- und Turnvereine (Turnvater Jahn) politisch – und teils verboten.
In Österreich griff Fürst von Metternich, den man heute als Sekt kennt, militärisch durch. Die Nationalfarben: Schwarz, Rot, Gold waren verboten. Die Verbote richteten sich gegen alles, was die Feudalherrschaft infrage stellte. Selbst der Nationalstaat tat dies, denn die Frage nach dem Führungsanspruch prägte das militante Mittelalter.
Im März 1848 forderten sie Pressefreiheit, Schwurgerichte, Recht auf Waffen (da international der Adel sich verpflichtete, im Falle einer Revolution militärisch einzugreifen und man sich so gegen das eigene Militär zur Wehr setzen könnte) und Einberufung eines Parlaments der Bürger. Frauen und Arbeiter waren in der Demokratisierung nicht vorgesehen.
In Berlin entschließen sich die Revolutionäre im März 1848, die Republik einzufordern – auch unter dem Eindruck der Hungersnöte und Aufstände der letzten Jahre. Das Vertrauen in die Obrigkeit litt enorm. Derweil gab es in Frankreich, in Italien und anderenorts Erfolge für die Linken, die eine Verfassung forderten.
Der preußische König, Friedrich Wilhelm IV, lehnte das brüsk ab. Es passe kein Blatt Papier zwischen mich und dem Volk, soll er gesagt haben. Insgesamt war er mehr der Kirche als dem Volke zugetan. Die zweite Republik in Frankreich aber, so fürchtete er, würde auf Preußen überschwappen. Wie die Information trotz Zensur einsickerte, ist unklar – aber es dauerte nicht lange. Während die Beamten und der König darüber berieten, wie den Aufständischen begegnet werden sollte, verbreitete sich der Aufruhr allmählich in der Stadt.
Anfang März 1848 wurden mehr Landtage und weniger Zensur in Aussicht gestellt. Doch das reichte längst nicht mehr aus, um die Menschen zu besänftigen. Die Leute sammelten sich im Tiergarten zu Protesten. Immer öfter demonstrierten die Untertanen nun gegen den Monarchen. Die Polizei war auf 150 Kräfte aufgestockt worden, doch auch diese Anzahl vermochte es nicht, sich dem Volkswillen entgegenzusetzen.
In Berlin wurden am 7. März 1848 folgende Forderungen gestellt: 1. Pressefreiheit. 2. Redefreiheit. 3. Amnestie aller Betroffener. 4. Versammlungs- und Vereinsrecht. 5. Politische Mitsprache. 6. Unabhängige Gerichte. 7. Weniger Militär, mehr Waffen für das Volk. 8. Parlament. 9. Einberufung des gesamtdeutschen Parlaments.
Dergleichen wollte der preußische König noch nicht mal mit dem Volk besprechen. Sollten sie dennoch eine Delegation mit einer Bitte aussenden, würde der königliche Hof militärisch antworten. Am 10. März vermittelte der Stadtrat in der Sache. Derweil fiel auch Wien den Aufständischen in die Hände und der österreichische Kaiser trat zurück. Der verhasste Fürst von Metternich floh von den Ämtern entbunden in die Nacht.
Am nächsten Tag erlaubte der König in Berlin eine Audienz, aber wollte keinerlei Zugeständnisse machen. Schon am Vortag hatte er mehr Truppen nach Berlin verlegen lassen. Sie trafen dabei auf Demonstrierende und wollten sie stoppen. In kurzer Zeit eskalierte der Vorgang: Die Soldaten schossen und stachen auf die Steine werfenden Protestierenden ein. Ein Mann wurde von einem Soldaten des Königs ermordet.
Am 16. März versammelten sich Abertausende auf den Straßen und rufen Sprechchöre, der Kampf sei bereits ein Sieg. Der König berief die Bürgermiliz, eine Art Nationalgarde, wieder ins Leben. Sie sollten die Lage entschärfen, doch das Gegenteil ist der Fall: Sie heizten den Unmut nur weiter an und der versammelte sich inzwischen Unter den Linden.
Immer mehr Menschen drängten sich bis zum Mittag des 18. März 1848 auf dem Schlossplatz. Der König wollte mit der Zensuraufhebung, einem vorgezogenen Landtag und einer Verfassung punkten und auf diese Weise die Demokratie-Bestrebungen auflösen. Viele waren zufrieden, andere forderten weitere Rechte ein. Aber ein erster Sieg, so glaubten sie, wäre gemacht.
Während Friedrich Wilhelm IV. seine Reformen ankündigte, blieb es ruhig. Doch hinter den Kulissen kam es zu einem Wechsel im Führungsstil. Der deeskalierende Gouverneur von Pfuel wurde auf königlichen Befehl durch den Hardliner Karl von Prittwitz ersetzt. Seine Befugnisse waren umfänglich. Sein Plan war es, die Menge allmählich vom Schloss zurückzudrängen.
Ab 14 Uhr standen etwa 10.000 Menschen auf dem Schlossplatz, als das Militär verstärkt wurde. Die Menschen fühlten sich bedrängt und forderten den Abzug der Soldaten. Der König war hingegen mit den Nerven durch und forderte die unblutige Säuberung des Platzes. Er sah sich in seiner Würde als König verletzt, überhaupt derlei Sperenzien zu erdulden.
Als die Soldaten gegen 14 Uhr den Platz zu räumen gedachten, blieben die Leute stehen. Also zogen einige Soldaten ihre Säbel, was die Leute aufstachelte. Im Tumult kam es zu Missverständnissen in der Befehlskette und womöglich fielen infolge dessen aus Versehen Schüsse gegen halb drei Uhr.
Aus dem Tumult wurde ein sich zerstreuendes Chaos. Die Truppen versuchten das Schloss zu sichern, während sich die Revolutionäre bewaffneten. Barrikaden wurden in der Eile aus zweckentfremdeten Gemüseständen errichtet. Sie warfen die Ziegel von den Dächern auf die Soldaten und unten standen vor allem Balken und Mistgabeln zur Verfügung, um eine der hochgerüstetsten Armeen Europas zu bekämpfen. Die Soldaten stürmten die Barrikaden schnell. Die Prachtstraßen waren in der Breite sowieso kaum zu verbarrikadieren. Aber in den engeren Gassen konnte man die Holzbarrikaden deutlich höher bauen, und es wurden Hunderte errichtet, wenngleich es rund um den Schlossplatz keine gab.
Die Revolutionäre, die nicht bürgerlich, sondern vorwiegend junge Arbeiter, Schüler und junge Handwerker waren, hatten sich zwischenzeitlich auch einige Schusswaffen angeeignet. Sie forderten vor allem höhere Löhne und eine Rente.
Derweil ließ der König ein Leinen durch die Straßen tragen, dass es ein Missverständnis war. Doch herrschte Ohnmacht vor, als das nicht gelang. Die reaktionären Kräfte begannen um halb fünf mit dem Einsatz der Schusswaffen. Doch das lockte noch mehr Aufständische auf die Barrikaden.
In der Panik schossen die Soldaten auf alles, was sich bewegte – und das Gemetzel erfolgte bei Vollmond bis in die tiefe Nacht hinein an. Die Flammen blieben begrenzt, aber auch königliche Betriebe wurden in Brand gesteckt. Die Revolution hatte begonnen und es stand nicht schlecht für sie. Während die Soldaten keine Vorräte mehr hatten, wurden die Aufständischen von den Berlinerinnen und Berlinern versorgt. Die Soldaten waren nicht auf einen Häuserkampf vorbereitet, auch drängte die moralische Frage der Gewaltanwendung auf die eigene Bevölkerung in den Köpfen.
Der König ruderte zurück und ließ am folgenden Tag die Erklärung verbreiten, dass er zu Verhandlungen bereit sei und zog das Militär ab. Wenngleich auch das nur eine Finte sein würde.
Die März-Revolution forderte das Leben von 200 sogenannter Märzgefallener. Etwa 600 Menschen wurden verletzt oder gefangengenommen. Die Soldaten hatten lediglich 50 Opfer zu beklagen. Die Leichen der Revolutionäre wurden demonstrativ in den Schlosshof getragen und der König sah sich aufgrund der Rufe genötigt, sich vor den Märzgefallenen mit gezogener Mütze verneigen.
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