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Geist in der Milchkammer von Kleinmachnow

Eine Legende über einen Geist, der in Kleinmachnow einst in der Milchkammer spukte. Das Gespenst hatte in Vorzeiten brutales Unrecht erlitten und rief nach Gerechtigkeit und erreichte eine Zeit, da die Burg nicht mehr bewohnt war.

In jenen Tagen, da die Dampfmaschine allmählich in Kleinmachnow einzog, war im Keller der alten Burg eine Milchkammer eingerichtet. Dort kühlte das köstliche Weiß herab. Die Milchmagd Hermine verrichtete schon lange ihr Tagwerk beim Milchverkauf – und sie wurde von allen immer wohl geschätzt.

Der Hygiene ungeachtet war es nicht erlaubt, sich einen Schluck aus der Milchkanne zu nehmen. Das hatte der Herr von Hake angeordnet. Ein Schluck oder ein Liter, das war Diebstahl und das hätte auch eine Strafe zur Folge.

In einem Juli sengte die Sonne auf Tier und Mensch. Und als ein Sommergewitter aufzog, trieb die Schwüle den Schweiß aus jeder Pore. Das Schleppen der schweren Milchkannen war schon anstrengend, aber an solch heißen Tagen war es der Magd eine besondere Last. Die kühle Kanne hingegen versprach Abkühlung und die Magd dachte, nur ein kleiner Schluck – nur ein Schluck.

Und der kleine Schluck verschlang immer mehr – schwupps war immer mehr kühlende Milch weg. Noch bevor sie sich klar wurde, was sie tat, hörte sie eine Stimme. Erst leise, dann sehr deutlich: „Gib mir auch was! Ich habe Durst!“ Mit der Gewissheit der Worte überkam sie der Schreck. Sie stieß die Kanne von sich und rannte wie angestochen aus der Milchkammer in das Herrenhaus, wo sie von der Geisterstimme erzählte. Nie wieder, sagte sie mit bebender Stimme und am Körper zitternd, werde sie dort hinabgehen.

Die Kunde vom Geist verbreitete sich geschwind und der gesamte Gutshof drängte sich vergeblich in der Milchkammer, um die Worte des Geistes zu hören. Dem gebot Herr Hake mit einem Zutrittsverbot Einhalt. In Gutsherrenmanier richtete er über die Magd, die fortan auf dem Feld schuften musste. Kein Erbarmen angesichts des Milchverlusts.

Die Zeit verging. Hermine heiratete und zog ein Dorf weiter zu ihrem Mann. Der Vorfall war schon fast vergessen, da geschah ein Unfall in der Milchkammer. Eine Milchkanne krachte durch den Fußboden. Unter dem zerbrochenen Holz kam ein weiterer Raum hervor. Der Schäfer war es, der die aufgeregten Leute an die Geistergeschichte von Hermine erinnerte. Und tatsächlich konnte man in der Ecke des zugemauerten Raums die bleichen Gebeine eines Menschen ausmachen.

Unter den Augen des Gutsherrn wurde der Boden aufgerissen und das Skelett geborgen, das an Händen und Beinen gefesselt war. Die fragenden Blicke richteten sich auf den Gutsherrn: Wer war das? Und warum lag er zugemauert in der Burg? Der Raum selbst muss aus einer alten Vorzeit stammen, wusste man zu berichten.

Diese Geschichte teilte sich in Windeseile über die ganze Region und trieb gar einige Blüten. Zeitungsschreiber aus Berlin reisten an, um über den Toten in der verlassenen Hakeburg zu berichten. Die Antworten auf die Fragen blieben aber aus. Nur der alte Schäfer wusste Bescheid. Die alten Gutsherren waren bekannt oder vielmehr berüchtigt für ihr Vorgehen gegenüber Gefangenen. Doch gab es bis heute keinen Hinweis auf den Verbleib.

Die Hakes durften auf dem Gutshof keine Blutgerichtsbarkeit ausüben. Die hohe Gerichtsbarkeit war der Obrigkeit vorbehalten. Dennoch blieben Gefangene des Herren von Hake verschollen. Sie wurden nie wieder gesehen oder gehört.

Schnell wurde die alte Burg der Hakes in Kleinmachnow zum Spektakel – von nah und fern kamen sie und beäugten das „Geisterschloss“, wie es landläufig genannt wurde. Und der örtliche Wirt machte gutes Geld damit.

Nacherzählt aus dem Buch Heimatmagazin: Das Teltower Land. Herbert Lange.

meister

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